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Beim „Chief of Krapfen“. Mit Krapfentest

complete Magazin 02/23

Wir waren bei der Krapfenproduktion der Kurkonditorei Oberlaa. Und ließen den Konditor Williams Della Bona Wiener Krapfen blind verkosten. Der Sieger: Oberlaa

Der perfekte Krapfen: Angezuckert, aber keine dicke Staubzuckerkruste
© Shutterstock/Pelagija
Traditionelles Hüftgold: der Faschingskrapfen – die letzte Sünde vor der Fastenzeit
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„Chief of Krapfen“ der Kurkonditorei Oberlaa: Zuckerbäcker Thomas Fink
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Meister Fink befüllt beidhändig mit Marillenmarmelade
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Drei Uhr morgens am Südrand von Favoriten. In der Produktionshalle der Kurkonditorei Oberlaa gehen die Lichter an. Sieben Tage die Woche. An den langen Reihen von Nirosta-Tischen arbeiten 62 Konditor:innen im Schichtbetrieb. Sie mischen Teige und Cremen, backen, schneiden, setzen zusammen, machen Torten, Kuchen und allerlei andere Backwaren, formen Pralinen, kreieren fragile Schmuckornamente aus Schokolade, verzieren und verpacken. Das emsige Getriebe, in dem heiße Bleche aus Öfen gezogen, Torten bestrichen und fertige Backwaren zur Abholung bereitgestellt werden, wirkt wie eine gut einstudierte Choreografie. Nachrichten und Musik, die das Radio jenseits von Zimmerlautstärke hinausbläst, fügen sich harmonisch in die Kakophonie aus brummenden Großmixern, scheppernden Backblechen, zischenden Öfen und Gesprächsfetzen, die sich Frauen und Männer in langen, weißen Arbeitsmänteln über die Tische hinweg zurufen.

Mittlerweile ist es acht Uhr geworden. Während sich der wochentägliche Stoßverkehr über die Stadt ergießt, haben die Patissiers und Patissièren der Kurkonditorei Oberlaa bereits mehr als die Hälfte ihres Arbeitstags hinter sich.

Oberlaa mit der einzigen genutzten Thermalquelle Wiens und einem denkmalgeschützten Kurpark ist ein Teil des 10. Bezirks. Dessen Verwöhnprogramm komplettiert die Kurkonditorei in der Fontanastraße, die seit 1974 feinste Mehlspeisen und Patisseriewaren herstellt. Selbst in ihren Büroräumen kündet ein intensiver Schwefelgeruch von der Nähe zur Therme Wien.

Berühmt vor allem für die Schoko-Mousse Torte, ihre Macarons namens LaaKronen und den traditionellen Christstollen in der Weihnachtszeit, produziert Oberlaa auch Faschingskrapfen. Letztere gehen bei Tests immer wieder als Sieger hervor. Nicht nur der Restaurantführer Gault-Millau kürte die Kurkonditorei heuer zur Krapfenmeisterin, auch unser Experte bewertete sie bei der Blindverkostung mit der Bestnote – aber dazu später mehr.

Krapfen sind für die Kurkonditorei Oberlaa ein Saisonprodukt, erklärt der Geschäftsführer und Backstubenleiter Vinzenz Bäuerle. Vom 26. Dezember bis zum Wochenende nach Faschingsdienstag werden in der Produktionshalle Faschingskrapfen gebacken: 2.000 bis 3.000 Stück wochentags, rund 4.000 fürs Wochenende. Der Krapfenhunger ist hierzulande groß: rund 112 Millionen Stück werden jährlich in Österreich gegessen, erhob die Statistik Austria 2019. Das sind etwas mehr als 12,5 Stück pro Magen.

Der in Fett gebackene Germteig ist keine österreichische Erfindung – ähnliche Backwaren gibt es in Variationen weltweit: in den USA als Donuts, in Deutschland heißen sie Berliner Pfannkuchen, in Portugal Malasadas, in Polen Pączki und in Israel Sufganiot. Die heimische Version wird bereits in Schriften aus dem 13. Jahrhundert erwähnt. 1486 gibt es erste Rezepte in der „Köchordnung der Stadt Wien“.

Charakteristisch für den österreichischen Krapfen ist die „Bauchbinde“, das „Ranftl“. Der helle Streifen entsteht, wenn der ungebackene Teig zuerst bei geschlossenem Deckel drei Minuten schwimmend gebacken und dann gewendet wird. Einst hat man Krapfen nur vier Tage lang in der Faschingszeit gegessen, nämlich von Samstag bis Faschingsdienstag. Das hochkalorische Gebäck (rund 300 bis 400 Kalorien pro Stück) der Köchinnen, die früher als „Krappffenpacherinnen“ bezeichnet wurden, sollte ein Unterlage für die am Aschermittwoch beginnende, strenge Fastenzeit liefern. Während des Wiener Kongresses im Jahr 1815 sollen angeblich zehn Millionen Krapfen verdrückt worden sein.

Zurück in die Fontanastraße, wo Vinzenz Bäuerle Richtung Ende der Produktionshalle führt. Hier ist in einer relativ ruhigen Ecke Thomas Fink zu Gange. Bäuerle nennt ihn „Chief of Krapfen“. Zwar rollieren die Zuckerbäcker:innen der Kurkonditorei alle sechs Monate und wechseln ihre Stationen, Thomas Fink jedoch ist hier der Faschingskrapfenmeister. Auf drei großen Blechen, ordentlich eingeschoben unter der babybadewannengroßen Fritteuse, ruhen darauf sechzig Teigkugeln. Erreicht das Fett seine optimale Temperatur von 175 Grad, geht alles ganz schnell: Mit flinken Handgriffen hievt Fink das Blech über die Fritteuse, lässt die rohen Krapfen per Kippmechanismus ins Fett gleiten und schließt den Deckel. „Damit sie ordentlich aufgehen“, erklärt er. Nach zwei bis drei Minuten dreht er die schwimmenden Kugeln um, fischt sie heraus und drückt synchron mit bloßen Händen je einen heißen Krapfen in die Düsen des Marmeladenportionierers. Dieser füllt fix bemessene 15 Gramm klassischer Marillenmarmelade ins flaumige Innere. Ein wenig Staubzucker drüber. „Er soll zur Dekoration dienen und keine Kruste machen“. Fertig.

Fragt man Vinzenz Bäuerle nach dem Geheimnis der Oberlaaer Faschingskrapfen, sagt er: „So wenig Zucker und Mehl wie möglich, dafür viel Eidotter und Butter. Keine Fertigprodukte. Ein bisschen Rum im Teig und diesen über Nacht rasten lassen.“

Das Ergebnis hat auch unseren Blindverkoster, Williams Della Bona, Patissier und Betreiber der italienischen Konditorei Dolce Pensiero in der Wiener Innenstadt überzeugt. Mehr dazu gleich.

Der große card complete Krapfentest

© Nini Tschavoll

TIPP

An zwölf Standorten in und um Wien kann man sich den Köstlichkeiten der Kurkonditorei Oberlaa hingeben. Grandios: die berühmte Schoko-Mousse-Torte, aber auch saisonale Süßspeisen wie Erdbeer-, Marillen-, oder Zwetschkenknödel, die mit heimischem Obst gefüllt sind.

oberlaa-wien.at

 

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